Was versteht man unter den Begriffen Psychogene Aphonie und Psychogene Dysphonie?
Unter den Begriffen „Psychogene Aphonie“ und „Psychogene Dysphonie“ werden Stimmstörungen verstanden, bei denen es aufgrund psychischer Ursachen zu einer meist plötzlich einsetzenden, erheblichen Stimmverschlechterung bis hin zum Stimmverlust kommt.
Die Heiserkeit bzw. Stimmlosigkeit tritt häufig zeitgleich mit einer akuten Streß- oder Konfliktsituation auf, die vom Patienten als äußerst belastend erlebt wird. Interessanterweise ist den Betroffenen dieser Zusammenhang fast nie bewusst.
Die Stimmstörung wird meistens als Folge einer „Erkältung“ vom Patienten fehlgedeutet.
Es handelt sich bei der Psychogenen Aphonie bzw. der Psychogenen Dysphonie allerdings nicht um Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises. Der Patient ist psychisch gesund. Hier liegt vielmehr eine pathologische Stressbewältigung vor, ähnlich den stressbedingten Asthmaanfällen oder Magen-Darmerkrankungen.
Welche Beschwerden verursachen Psychogene Aphonie und psychogene Dysphonie?
Psychogene Aphonie
Bei der Psychogenen Aphonie erfährt der Patient einen meist dramatisch erlebten Stimmverlust. Obwohl er klangvoll sprechen möchte, kann er meist nur noch flüstern. Auffällig sind der fast immer erhaltene tönende Hustenstoß und das lauthafte Lachen. Eine Simulation liegt praktisch nie vor.
In der videostroboskopischen Untersuchung kann das Blockieren der Stimmlippen beim Phonationsversuch eindrucksvoll beobachtet werden. Darüber hinaus finden sich meist keine krankhaften Veränderungen an den Stimmlippen.
Psychogene Dysphonie
Die Psychogene Dysphonie tritt meist weniger schlagartig auf. Der Beginn der Beschwerden kann vom Patienten allerdings oft sehr genau angegeben werden. Die Stimmstörung verläuft milder und erinnert vom Klang entweder an eine hyperfunktionelle Dysphonie mit der typischen gepressten, instabilen Stimmgebung
oder - durchaus seltener - an eine hypofunktionelle Dysphonie mit behauchter, überlufteter Phonation. Die videostroboskopischen Befunde zeigen meist die gleichen Symptome wie die jeweils funktionellen Stimmstörungen.
Wie werden Psychogene Aphonie und Psychogene Dysphonie behandelt?
Psychogene Aphonie
Die psychogene Aphonie muss als „phoniatrischer Notfall“ angesehen werden. Die Behandlung sollte möglichst schnell eingeleitet werden und in der ersten Sitzung zu einem erfolgreichen Wiedereinsetzen einer klangvollen Stimme führen. Misserfolge können die Störung fixieren.
Die Therapie folgt keiner festen Behandlungsmethode. Sie ist abhängig vom Einfühlungsvermögen des Untersuchers sowie vom Ansprechen des Patienten auf verschiedene Therapieansätze.
Zu nennen sind hier in erster Linie das Bewusstmachen des Störungsbildes, unterschiedliche Formen der Stimmübungstherapie, akustische Vertäubung sowie die Behandlung der Kehlkopfschleimhaut mit örtlichen Betäubungsmitteln.
Dr. Wohlt hat als ärztlicher Hypnosetherapeut große Erfolge bei Patienten mit Psychogener Aphonie mit einer Suggestionsbehandlung in Kombination mit einfachen Phonationsmanövern.
Psychogene Dysphonie
Die Psychogene Dysphonie ist auch für den erfahrenen Untersucher nicht immer gleich als eine Stimmstörung mit seelischer Ursache zu erkennen. Ihre Behandlung erfolgt meist im Rahmen einer Kombination aus Stimmübungsbehandlung und begleitender Psychotherapie.
Aufgrund der häufig langen Verlaufsformen besteht immer die Möglichkeit einer Symptomfixierung und der Ausbildung von organischen Veränderungen an den Stimmlippen, z.B. Stimmbandknötchen.
Fallbeispiel Psychogene Aphonie
Eine 26-jährige Journalistin stellt sich mit seit 3 Wochen bestehender Stimmlosigkeit vor. Sie sei morgens aus völliger Gesundheit mit an Aphonie grenzender Heiserkeit aufgewacht, die sich seither nicht gebessert habe. HNO-ärztlicherseits sei der Verdacht auf eine Kehlkopfentzündung geäußert worden, die antibiotisch – bislang erfolglos – behandelt worden war.
Die Patientin ist Nichtraucherin. Als Journalistin sei sie prinzipiell eine überdurchschnittliche Stimmbelastung gewohnt, seit 3 Monaten sei jedoch aufgrund eines Arbeitsplatzwechsel eine für sie stimmlich weniger aber psychisch sehr konfliktreiche berufliche Situation entstanden.
Die videolaryngoskopische Untersuchung zeigt weitgehend unauffällige Stimmlippen ohne Anzeichen einer Entzündung.
Stroboskopisch zeigt sich beim Phonationsversuch eine auffällige Blockierung der Adduktionsbewegung. Es imponiert ein großer persistierender Spalt zwischen beiden Stimmlippen. Die Stimme ist aphon. Ein klangvoller Hustenstoß ist jedoch möglich.
Auf näheres Befragen gibt die Patientin an, am Abend vor dem Einsetzen der Stimmlosigkeit einen erheblichen Streit mit ihrem Lebensgefährten gehabt zu haben. Dieses Ereignis habe sie zusätzlich stark belastet.
Die Patientin wird noch am gleichen Tag vom Phoniater im Rahmen einer intensiven Suggestivtherapie mit begleitenden Stimmübungen behandelt. Nach 30-minütiger Behandlungsdauer ist die Patientin wieder im Besitz ihrer klangvollen Stimme. Ein ausführliches Gespräch zur Bewusstmachung der Zusammenhänge klärt die Situation.